In einem Mietshaus in Paris kann ein kleines Mädchen nachts nicht schlafen. Ihrem müden Vater erzählt es von einem Engel, den es auf dem Dach gegenüber beobachtet hat. Der Beweis für seine Existenz: Er hat einen Schuh verloren, der nun einsam und allein in der Regenrinne liegt.
Ein paar Wohnungen weiter betrachtet eine junge Frau mit gebrochenem Herzen den Schuh auf ganz andere Weise: Der Staat hat ihr den Liebsten genommen, der illegale Flüchtling wurde ausgewiesen. Kurz vorher hatte er sich aufs Dach des gegenüber liegenden Hauses geschlichen, um ihr von dort ein Zeichen zu geben. Dann kam ihre Mutter ans Fenster, und er musste schnell verschwinden. Dabei verlor er einen Schuh, der nun immer noch dort liegt und die verliebte Frau schmerzlich an ihn erinnert.
In wieder einer anderen Wohnung sitzt zur selben Zeit ein ehemaliger Literaturkritiker, der bis vor kurzem sogar eine eigene Fernsehshow hatte. Während einer seiner berühmten Sendungen hörte er plötzlich eine Stimme: „Was machst du hier eigentlich?!“ – woraufhin er sein Leben radikal änderte. Zurückgezogen liest er nun zum ersten Mal die großen Philosophen und versteht durch sie endlich die Welt. Wie Empedokles will auch er am Ende seines Lebens nichts von sich hinterlassen als bloß einen Schuh. Er wirft ihn aufs Dach – und springt aus dem Fenster.
Zehn Perspektiven auf ein und denselben Schuh, zehn verschiedene, ganz normale Leben, die vom Glück, von der Liebe, vom Schmerz, von der Trauer, vom Jungsein und vom Altsein erzählen. Vincent Delecroix’ bezaubernd philosophischer Episodenroman ist eine liebevolle Hommage ans Geschichtenerzählen, an deren Ende ein einfacher Schuh auf dem Dach eines Pariser Mietshauses die Erkenntnis zulässt, dass jeder von uns die Welt nun mal mit anderen Augen betrachtet.
Vincent Delecroix erzählt mit betörend französischem Charme und einer großen Liebe zum Menschen. Seit Erscheinen in Frankreich begeistert Der Schuh auf dem Dach Buchhändler und Leser, und im Herbst 2007 war er für alle wichtigen Literaturpreise nominiert.
Ein wenig melancholisch...
3 von 5 Sternen
... muten die Kurzgeschichten doch an, meistens sind die Personen gerade in einer Lebenskrise, in der der Schuh auf dem Dach eine existentielle Rolle spielt. Liebevoll werden die verschiedenen Charaktere und Kurzgeschichten miteinander verknüpft, so dass es - trotz der verschiedenen Varianten - ein stimmiges Gesamtbild ergibt. Es wurde ein wenig publiziert, versucht in einigen Geschichten den Intellekt des Autors zu spüren, aber dann kehrt Vincent Delecroix wieder zu der herzlichen und erfrischenden Schreibweise zurück. Insgesamt lebt das Buch gerade von den verschiedenen Schreibstilen.
Der Inhalt ist schnell erzählt: in einer Pariser Mietskaserne liegt plötzlich ein Schuh auf dem Dach. In vielen (wirklich liebevollen) Kurzgeschichten werden dem Leser verschiedenste Interpretationen dargeboten, wie der Schuh nun tatsächlich auf das Dach gelangte (und in einer, wie er beinahe wieder runterkam). Das Resumee: Ein einzigartiger, lesenswerter Roman, aus dem jeder irgendetwas schöpfen kann....
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